Ein μ-gradueller Zapfen in der Werkzeug-Mitte entscheidet die GrindTec Challenge

Das Live-Finale des Wettbewerbs „Werkzeugschleifer des Jahres“ bot mehr als jeder James-Bond-Thriller – Spannung, Emotion, Action – dazu immenses Knowhow auf Höhe der Zeit


von Tilo Michal

Der bei der GrindTec bestens etablierte Wettbewerb „Werkzeugschleifer des Jahres“ist dieses Mal mit einer Art Foto-Finish entschieden worden – so würde man es im Spitzensport bezeichnen. Das, was die Finalisten bei der GrindTec Challenge geleistet haben, ist fraglos als olympisch zu bezeichnen. Der Preis „Werkzeugschleifer des Jahres“ wird vom Verlag MI Connect (vormals Moderne Industrie, , u.a. mit den Branchenmagazinen „Produktion“ und „Fertigung“ etabliert) seit vielen Jahren auf der GrindTec ausgelobt. Premiere: 2022 konnte das Finale des Wettbewerbs erstmals zeitgleich auf identischen Präzisionsschleifmaschinen der Firma SCHNEEBERGER ausgetragen werden, an denen die beiden Finalisten direkt gegeneinander antraten.

Im Finale verläuft es erst „unsymmetrisch“, weil Finalist Maximilian Ullermann viel länger zum Programmieren der SCHNEEBERGER Aries NGP braucht als Konkurrent Felix Conrad, der schon seit Minuten mit der Aries NGP unterwegs ist. Dann kehrt sich alles um: Conrad strauchelt, indem er eine Kollision zwischen Werkstück, Werkzeug und Maschine managen muss. Bei ihm Maschinenstopp, neues Einrichten, Programmierungs-Check, weiter. Ullermann ist währenddessen aber auch unterwegs, und dann laufen beide Maschinen hochtourig – es ist ein Kopf an Kopf oder besser gesagt, ein Spindel an Spindel-Rennen. Damit alles mit rechten Dingen zugeht, sind natürlich auch die beiden Juroren des Wettbewerbs vor Ort, Olivier Pellegrini von der Firma SCHNEEBERGER und Andreas Grabmeier, Inhaber der Grabmeier GmbH in Augsburg, der selbst 2010 den renommierten Preis gewann, sowie die SCHNEEBERGER-Maschinen-Instruktoren Noel Geiger und Hans Bietenhader. Die Finalisten stehen nur etwa sechs Meter Rücken an Rücken voneinander entfernt;. Aber klar, sie schauen immer wieder hinter sich: Was macht der andere?

Wie sind die beiden soweit gekommen?

Der Wettbewerb besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil geht es um die theoretischen Grundlagen, die ein Werkzeugschleifer heutzutage mitbringen muss: Werkstoff- und Werkzeugkenntnis, Technologie- und Prozesswissen. Zusätzlich müssen Fragen zu einem Werkstück beantwortet werden. Wichtig ist dabei, dass jeder Teilnehmer die Fragen alleine löst. Die Antworten, die von einer Jury aus Fachleuten überprüft werden, entscheiden darüber, welche Kandidaten am Finale '“Werkzeugschleifer des Jahres“ teilnehmen dürfen. Das Finale – Teil zwei des Wettbewerbs – findet auf der GrindTec 2022 in Augsburg statt.
Im Rahmen eines spannenden Wettkampfs "Jeder gegen Jeden“ und „Alle gegen die Uhr" müssen die Letzten der Vorentscheidung ein bestimmtes Werkstück an einer Schleifmaschine programmieren und bearbeiten. Sieger und damit „Werkzeugschleifer des Jahres 2022“ ist, wer das beste Werkstück in der kürzesten Zeit produziert. Um gleiche Voraussetzungen zu gewährleisten, wurden alle Final-Kandidaten ein paar Wochen zuvor im Trainingszentrum der J. SCHNEEBERGER Maschinen AG in Roggwil, Schweiz, zwei Tage lang auf die Wettbewerbsschleifmaschine instruiert. Gleichzeitig wird aber im Wettbewerb nochmals das theoretische Wissen abgefragt: Schummeln beim Ausfüllen des Fragebogens im theoretischen Prüfungsteil ist also zwecklos. In der ersten GrindTec-Finalrunde mit fünf Teilnehmern in Augsburg stellen die Final-Kandidaten vor Ort je einen konischen Schlichtfräser mit vier Schneiden, davon mit zwei
Zentrumsschneiden, her. Zudem soll mittels STEP-Import am Werkzeugschaft eine Weldon-Fläche geschliffen werden. Anschließend werden die Werkzeuge von der Fachjury bewertet und die beiden besten Teilnehmer für das Finale ausgewählt. „Werkzeugschleifer des Jahres“ wird, wer hier noch ein weiteres Werkzeug in höchster Qualität und in kürzester Zeit produziert.

Finale mit Finesse

Die finale Challenge bestand darin, einen HSC-Schaftfräser mit vier Schneiden und einer Zentrumsschneide an einer SCHNEEBERGER Aries NGP live und vor dem interessierten Messepublikum zu programmieren und zu schleifen. Ein paar Minuten, nachdem die beiden Finalisten losgelegt haben, liegen sie gleichauf. Ein interessierter Pulk aus jungen Schleifern, Pressevertretern, Messebesuchern und Vorstands-Mitgliedern des Fachlichen Trägers der GrindTec, FDPW, umringt die beiden Kandidaten. Die müssen nun den Überblick behalten, cool bleiben und weiter schleifen. Ein Hexenkessel, die Profis der Branche im Rücken, ein Wechselbad der Gefühle. Die Spannung steigt von Minute zu Minute. Und dann, ein paar Minuten später, faktisch zeitgleich, sind Ullermann und Conrad fertig, das Foto-Finish! Jetzt steht aber noch kein Sieger fest, die Juroren müssen zunächst die Werkstücke noch genau inspizieren.
Finalist zwo wird dann eine minimale Ungenauigkeit zugewiesen. „Wir sprechen hier immer von μ“, betont Chefredakteur Claus Wilk von MI Connect in seiner Laudatio ein paar Stunden später am Abend.

Ein Sieg im μ-Bereich

„Letztlich konnten wir den Gewinner nur durch eine intensive Analyse der beiden konkurrierenden Werkstücke ermitteln. Maximilian Ullerman, der zunächst einen Rückstand aufholen musste, hatte im Werkstück in der Mitte noch einen minimalen Zapfen im μ-Bereich, der höher war als die Außenkontur. Eine Riefe, die für minimalste Kratzer sorgen könnte. Im Normalfall ist das kein Problem, weil das Werkstück noch nachgearbeitet werden kann. Unter den Wettbewerbsbedingungen gab es dafür aber keine Chance“, fasst Juror Andreas Grabmeier zusammen.
Das Finale des Werkzeugschleifers des Jahres 2022 gewinnt also Felix Conrad mit μ-dünnem Vorsprung vor Maximilian Ullermann. Rang Drei geht gleichermassen an Fernando Carrascosa Santos und Armin Reich, verbunden mit herzlicher Gratulation der Firma SCHNEEBERGER. Die CNC-Schleifmaschinen Aries NGP bewiesen im Wettbewerb ihre Stärken unter Wettkampfbedingungen. Die eingesetzte Aries NGP-Typ ist SCHNEEBERGERs kompakteste 5-Achsen-Schleifmaschine, ideal für das Nachschleifen von Werkzeugen und dank integriertem Roboter geeignet für die effiziente Produktion von kleinen und mittleren Losgrößen. All das realisiert auf der Stellfläche eines Werkzeugschranks.

Großer Bahnhof für die Sieger

Am Abend des dritten Messetages folgte noch eine kurzweilige Preisverleihung im FDPW-Forum; die Branchenvertreter feierten die Preisträger mit frenetischem Beifall. Die Moderation übernahm Claus Wilk von MI Connect, der kurzweilig durch das Programm führte. „Die Spannung, das Knistern, das Mitfiebern, den Zusammenhalt der Schleif-Community, habe ich als etwas ganz Besonderes empfunden. Ich habe diesen Tag sehr genossen und sehr gerne moderiert. Ich nehme davon viel mit.“ Für alle Finalisten hat es großzügige Reisearrangements sowie gut dotierte Sachpreise gegeben. „Wer hier im Finale stand, muss sich um seine berufliche Zukunft wohl keine Gedanken machen“, war das Credo des Moderators sowie des begeisterten Publikums.